Irena Vrkljan
Berlin unverkäuflich
„Man kann fremde Orte betrachten. Berlin 1966. Die Filmakademie in der Pommernallee. Ich war sechsunddreißig. […] Die Filmakademie war der fremdeste Ort meines Lebens. Die Gänge mit Neonlicht, glänzendem, kaltem Linoleum, die jungen Leute herrisch, verwöhnt, geschlechtslos. Der Wahn des Films, das hastige Leben in Bildern. Doch wir schufen sie nicht, die andere Wirklichkeit, wir aßen trockene Schrippen während der Filmvorführungen, hängten willkürlich Fahnen aus dem Fenster, Fragen wurden niedergeschrien, viele vergruben sich in die Politik. Die drei Studienjahre liefen wie eine kalte Spur den Rücken hinunter. Zusammengeschrumpft das Herz, die Augen starren wie lidlose Löcher auf die Projektionswand. Der Kurs über Unterhaltungsfilme aus dem Dritten Reich zerstörte die letzten Möglichkeiten eines Glaubens an neue Bilder. Alles klebte am Gesehenen, an falschen Gefühlen, politischem Missbrauch. Die Macht der Bilder machte sie selbst fragwürdig. (…) Die Spuren der Kunst getilgt. Bilder werden abberufen nach Kriterien einer Technik, die sie dann auch ausmacht. Ich hatte bald keine Partner für Gespräche mehr und verzog mich wieder in die Bücher.“
– Irena Vrkljan in: Marina, im Gegenlicht. Literaturverlag Droschl, Graz 1988.
Weitere Informationen zum Film auf der Webseite des Archiv der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb).